Das Innere Team im (Leistungs-) Sport
- floriansonneck
- 10. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
(Leistungs-)Sport stellt höchste Anforderungen an Körper und Geist. Neben physischen Fähigkeiten rückt zunehmend die psychische Komponente in den Vordergrund – mentale Stärke, emotionale Stabilität und Selbststeuerung sind entscheidende Erfolgsfaktoren. In diesem Zusammenhang gewinnt das psychologische Modell des „Inneren Teams“ von Friedemann Schulz von Thun auch im Leistungssport zunehmend an Bedeutung. Es bietet Sportlerinnen und Sportlern ein hilfreiches Instrument zur Selbstreflexion und zur inneren Balance – gerade in belastenden, entscheidungsintensiven oder konflikthaften Situationen.
Das Modell des Inneren Teams: Grundprinzipien
Schulz von Thun beschreibt die Persönlichkeit eines Menschen nicht als einheitlich, sondern als ein Zusammenspiel verschiedener innerer Stimmen oder Anteile – das sogenannte „Innere Team“. Jede dieser Stimmen steht für eine bestimmte Haltung, ein Bedürfnis oder eine Emotion. In Entscheidungssituationen oder unter Stress melden sich oft unterschiedliche Teammitglieder mit zum Teil widersprüchlichen Botschaften zu Wort. Ziel der Arbeit mit dem Inneren Team ist es, diese Stimmen zu erkennen, zu sortieren und in einen inneren Dialog zu bringen, um eine stimmige, authentische Haltung zu finden.
Das Innere Team im Leistungssport
Leistungssportler*innen sind permanent mit inneren Konflikten konfrontiert: Sie müssen Höchstleistungen erbringen, sich ständig verbessern, mit Erfolgsdruck umgehen, Rückschläge verkraften und persönliche Opfer bringen. Diese Herausforderungen aktivieren verschiedene innere Anteile – etwa den ehrgeizigen Antreiber, den vorsichtigen Zweifler, das erschöpfte „Ich“, den inneren Kritiker oder den optimistischen Motivator.
Beispielhafte Teammitglieder im Leistungssport:
Der Antreiber: Will stets mehr Leistung, keine Pausen, keine Ausreden. Trägt zur Motivation bei, kann aber auch zu Übertraining und Burnout führen.
Der Zweifler: Hinterfragt das eigene Können, befürchtet Fehler und Niederlagen. Kann realistische Einschätzungen liefern, aber auch lähmen.
Der Perfektionist: Will alles fehlerfrei machen, fürchtet Kontrollverlust. Sorgt für Disziplin, erhöht aber auch den inneren Druck.
Der Genießer oder Selbstfürsorger: Fordert Ruhephasen, Erholung und ein Leben neben dem Sport. Fördert langfristige Gesundheit, wird aber oft unterdrückt.
Der Rebell: Hat keine Lust mehr auf Regeln und Druck, möchte ausbrechen. Kann kreativ sein, stellt aber die Sportkarriere infrage. Nutzen des Modells im sportpsychologischen Coaching Durch die bewusste Auseinandersetzung mit dem Inneren Team können Sportler lernen, ihre inneren Stimmen zu erkennen, sie zu akzeptieren und konstruktiv zu nutzen. Statt innere Widersprüche zu verdrängen oder sich von einem dominanten Anteil leiten zu lassen, geht es darum, einen inneren Dialog zu führen – idealerweise unter der Führung eines „inneren Teamchefs“, der alle Stimmen hört, abwägt und zu einer klaren, stimmigen Entscheidung kommt.
Ein Beispiel: Vor einem wichtigen Wettkampf meldet sich der innere Kritiker („Du bist nicht gut genug“) ebenso wie der Antreiber („Du musst unbedingt gewinnen“) und der Selbstfürsorger („Du brauchst mehr Schlaf“). Durch eine strukturierte Reflexion können diese Stimmen wahrgenommen und eingeordnet werden. Der Teamchef kann daraufhin eine Haltung entwickeln, die sowohl leistungsorientiert als auch fürsorglich ist – etwa durch gezielte mentale Vorbereitung und bewusste Pausen.
Fazit: Das Modell des Inneren Teams ist ein wertvolles Werkzeug für den Leistungssport, um mit inneren Spannungen, Selbstzweifeln und widersprüchlichen Anforderungen umzugehen. Es fördert die Selbstkenntnis, die emotionale Regulation und die Entwicklung einer authentischen, innerlich stimmigen Persönlichkeit. Gerade im Hochleistungssport, wo psychische Resilienz ein entscheidender Erfolgsfaktor ist, kann die Arbeit mit dem Inneren Team den Unterschied machen – nicht nur für sportliche Erfolge, sondern auch für die langfristige Zufriedenheit und mentale Gesundheit der Athletinnen und Athleten.

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