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Wie wir unsere Leistungen erklären

Attribution von Erfolg und Niederlagen – Wie wir unsere Leistungen erklären


Warum ist etwas gut gelaufen – und warum manchmal nicht? Diese Frage stellen wir uns häufig, bewusst oder unbewusst. Die Antworten darauf prägen nicht nur unser Selbstbild, sondern auch unsere Motivation und unser zukünftiges Verhalten. In der Psychologie spricht man in diesem Zusammenhang von „Attribution“, also der Ursachenzuschreibung für eigenes oder fremdes Verhalten. Besonders bedeutsam ist die Attribution, wenn es um Erfolg oder Misserfolg geht – etwa in Schule, Beruf oder Sport.


Einflussreiche psychologische Theorien, etwa das Attributionsmodell von Bernard Weiner, beschreiben, wie Menschen unterschiedliche Ursachen für ihre Leistungen wahrnehmen. Dabei lassen sich drei grundlegende Dimensionen unterscheiden: Zum einen spielt es eine Rolle, ob jemand die Ursache für ein Ergebnis bei sich selbst (intern) oder bei äußeren Umständen (extern) sieht. Zum anderen ist entscheidend, ob diese Ursache als stabil oder veränderlich wahrgenommen wird. Schließlich kommt es auch darauf an, ob man glaubt, die Ursache kontrollieren zu können oder nicht.


Ein Schüler, der nach einer guten Note sagt: „Ich habe hart gearbeitet“, schreibt seinen Erfolg intern, veränderlich und kontrollierbar zu. Das kann seine Motivation stärken, weil er sieht, dass seine Anstrengung Wirkung zeigt. Sagt er jedoch: „Ich bin einfach schlau“, dann ist das zwar auch intern, aber stabil – er betrachtet seine Fähigkeit als feststehend. Das kann kurzfristig sein Selbstbewusstsein stärken, aber auch gefährlich sein: Fällt die Leistung später ab, könnte er an seiner generellen Fähigkeit zweifeln. Ähnlich ist es mit Misserfolgen. Wer sie externen, unkontrollierbaren Faktoren zuschreibt – etwa Pech oder der unfairen Bewertung durch andere – schützt zwar sein Selbstwertgefühl, lernt aber weniger aus der Situation.

Gerade in belastenden Situationen können solche Erklärungen sehr folgenreich sein.


Menschen mit depressiven Tendenzen neigen dazu, negative Ereignisse auf interne, stabile und globale Ursachen zurückzuführen. Sie sagen sich zum Beispiel: „Ich bin unfähig, und das wird sich nie ändern.“ Solche Denkmuster können Hoffnungslosigkeit verstärken und die Motivation blockieren. Umgekehrt kann eine optimistischere Attribution, die Misserfolge als Folge veränderlicher Umstände sieht, helfen, wieder handlungsfähig zu werden.


Auch kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle. In westlichen Gesellschaften neigen Menschen eher dazu, Erfolge auf sich selbst zurückzuführen – das stärkt das individuelle Selbstwertgefühl. In vielen östlichen Kulturen hingegen wird Erfolg eher der Gruppe, etwa der Familie oder dem Team, zugeschrieben. Diese Sichtweise fördert Bescheidenheit und Zusammenhalt, kann aber auch dazu führen, dass persönliches Engagement weniger betont wird.


Ob in Schule, Beruf oder im persönlichen Leben – die Art, wie wir unsere Erfolge und Misserfolge erklären, hat entscheidenden Einfluss darauf, wie wir uns entwickeln. Wer lernt, realistische, konstruktive und flexible Ursachenzuschreibungen vorzunehmen, ist besser gewappnet für Rückschläge und kann aus Fehlern lernen. Die Fähigkeit zur selbstreflektierten Attribution ist daher nicht nur ein psychologisches Konzept, sondern ein wichtiger Schlüssel für persönliches Wachstum und Resilienz.

 
 
 

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